Distanzreiter Nordwest

Rittbericht: Freiamt

Distanzritt Freiamt; im Kanton Aargau sei das. Na ja, da musste ich erst mal auf der Karte nachsehen, wo das denn
nun genau liegt. Aargau ja, aber in der Ecke, die am weitesten von uns entfernt liegt … Distanzreiter fahren auch
Distanzen, bevor sie reiten; macht ja nichts, auch wenn es mal für eine kleinere Prüfung ist. Das ist eben Passion!

Auf dem Programm stehen ein EVG1, ein KLP1 – jeweils über 29 km – und ein Kinderdistanzritt über 7 km.

Ich weiss nicht, was sich OK-Präsidentin Sibylle Commons und ihr Team genau vorgestellt hatten, als sie ihren
„kleinen“ Anlass ausschrieben, aber man darf mit Bestimmtheit annehmen, dass die Überraschung gross war, als
sich der Briefkasten mit immer mehr Anmeldungen füllte: nicht weniger als 92 gemeldete Paare im EVG1,
ansehnliche 13 Nennungen im KLP1, was doch auch recht gut ist, wenn man das mit den Teilnehmerzahlen an KLPs
der letzten paar Saisons vergleicht; dazu acht Kids, die vor ihren 7 Kilometern im Gelände mit 6-8 kph einen einfachen Gehorsamsparcours absolvieren müssen. Die Idee dahinter ist, dass man hier bereits kleine Reiter aussortieren kann,
welche ganz offensichtlich ihr Reittier nicht unter der zur Sicherheit unabdingbaren Kontrolle haben.

Es wird somit ein sehr geschäftiges Treiben um den Stall Weyhölzli bei Merenschwand, der uns beherbergt. Viele
bekannte Gesichter von der Endurance Szene sind anwesend, aber auch etliche weniger oder Unbekannte. Für
Johnny und mich ist dies der erste Ritt dieses Jahr in der Schweiz. Unser erster Ritt war in Deutschland – in traumhafter
Gegend – und während des Gossauer Ritts war ich in Wien am Marathon; nicht nur das Pferd soll laufen müssen.

Vorgängig hofft man doch sehr, dass es Petrus gut mit uns meine; die ganze Woche haben wir immer wieder
diese mörderischen Gewaltsgewitter, und Mitte Woche behaupten die Wetterfrösche noch, Samstag gäbe den
trübsten und nassesten Tag der Woche. Also ja die Regenjacke nicht vergessen!

Es wird dann tatsächlich doch ein schöner Tag. Als wir am frühen Morgen ankommen, ist es noch wolkenverhangen
und sieht nach Regen aus, aber es klärt sich dann immer mehr auf und wird doch wieder recht warm. Zum Glück
bläst ein frischer Wind, sodass es nicht so schwül wie an den letzten Tagen wird! Als Parkplatz steht zum Glück eine
genügend grosse gemähte Wiese bereit, die auch gleich für den Rest der Einrichtungen dient: Festzelt, Vetgate,
Groomplatz.

Der KLP Parcours wird auf dem Sandviereck beim Stall aufgebaut. Obwohl wir das schon lange nicht mehr
gemacht haben, zeigt sich Johnny von seiner besten Seite. Er steht schön still in seinem Kreidekreis, während ich
seine Hufe auskratzte und um ihn herumgehe. Dann an der Hand Sidepass über zwei im rechten Winkel liegende
Stangen – Johnny kommt nirgends an. Dann aufsitzen und auf einem alten Teppich 5 Sekunden anhalten. Nun in
einem Feld angaloppieren, über ein kleines Hindernis und zwei, drei Galoppsprünge später im nächsten Feld anhalten,
stehen bleiben, Zügel auf den Hals legen. Nun noch Engpass mit grossen bunten Gummibällen, Rückwärtsrichten
durch ein Stangen-L, dann noch ein „Törchen“, mit Flatterband – und wir sind fertig. Null Fehlerpunkte – Richterin Priska
meint, sie habe einfach nichts zu beanstanden gesehen; es sei super, wie Johnny auf die Stimme höre und gehorche.

Und dann geht es auf die 29-km lange Strecke. Nach dem ersten steinigen Weg wird es immer schöner; das
Paradestück ist der Sandweg durch das Naturschutzgebiet der Reuss entlang – einfach traumhaft, da muss man
einfach galoppieren! Die Bäume und Sträucher in den Uferauen sind sattgrün mit ihrem neuen Laub. Da schwimmt
sogar noch ein Schwan grad am Ufer! Und da steht eine Dame ohne Schuhe im Wasser … vielleicht macht sie eine
Kneippkur. Wenig später hören wir einen Kuckuck rufen. Und da oben auf dem Dach auf dem Bauernhof nistet
ein Storch! Anfänglich hat Johnny doch wieder recht gezogen, aber lange nicht so schlimm wie das letzte Mal in
Deutschland, und als wir weite Teile der Strecke ganz allein unterwegs sind, ohne andere Pferde in Sicht, jedenfalls
nicht vor uns, wird er ganz ruhig und entspannt.

Nach zirka 2¼ Stunden sind wir wieder zurück. Das war wirklich ein schöner Ritt in einer für uns neuen Gegend.
Dank des Winds ist Johnny völlig trocken – ausser unterm Sattel – als wir im Ziel ankommen, da gibt es nicht viel zu
kühlen, bloss ein wenig den Hals abschwammen. Sein Puls bei der Schlusskontrolle ist dann auf 48 – nicht schlecht;
er hat ja keinen genetisch bedingt sehr tiefen Ruhepuls.

Und somit ist wieder einmal ein Ritt zu Ende, nun müssen wir noch hoffen, dass auf dem Heimweg alles glatt
läuft – tut’s dann auch.

Bericht: Esty H. Geissmann