Distanzreiter Nordwest

Rittbericht: Claro

Nachdem der Endurance Anlass in Frauenfeld vom 25. März wegen schlechter Bodenverhältnisse abgesagt worden war (ausser der Einführungsprüfung), wurde Claro der erste Endurance Anlass des Jahres 2006 in der Schweiz. Claro fand am Sonntag, 2. April, statt. Ausgeschrieben waren die drei Prüfungen EVG 40 km (10-12 km/h), CES 90 km und DRF bis 70 km.
Gross war die Enttäuschung über die Ankündigung, dass Frauenfeld leider ins Wasser gefallen war, oder besser, in den Schneematsch. Eine Woche später war es dann aber doch so weit: Claro stand auf dem Programm, und somit war das Ende der Winterpause und des Frühjahrs-Aufbautrainings erreicht. Es hatten sich 18 Reiter für das EVG, elf für den CES und 26 für den DRF angemeldet.

Bis zum Vortag waren unsere Vorbereitungen in vollem Gange: alles zusammensuchen, was man brauchen würde, und was den ganzen Winter lang irgendwo geruht hatte; alle der vielen – eventuell – benötigten Dokumente sammeln (Haftpflicht-Versicherungsnachweis?! Brevet/Lizenz, Beleg der Einzahlung des Swiss Endruance Mitgliederbeitrages – und dann natürlich der Pferdepass). Meine Freundin Sue und ich hatten uns beide für das DRF eingeschrieben: Sue wollte 55 km als 2. Quali, und ich 70 km als 3. Quali reiten. Wenn wir auch wegen des vielen Schnees bis vor kurzem nicht ganz so gut haben trainieren können wie ursprünglich geplant, scheint mir mein nun fast sechsjähriger Araber/American Saddlebred Wallach Lonestar Johnny Skywalker doch recht fit zu sein. Zum Glück ist ja Claro keine Gebirgstour, die an die Substanz geht.

Claro bietet grandiose Kulissen!

Südlich des Gotthards war es dann zum Glück mit den dicken Wolken vorbei, und man sah blauen Himmel, oder würde das bald mit zunehmendem Tageslicht. Nachdem wir beim Fussballplatz bei Claro parkiert hatten, war es klar, dass es ein wunderschöner Tag werden sollte, ein richtiger Frühlingstag!

Viele Autos und Pferdeanhänger waren bereits auf der Wiese parkiert. Schliesslich waren die Reiter im CES bereits gestartet. Sue und ich machten uns auf, unsere Startnummern und –karten zu beziehen, und da wir keinen Groom bei uns hatten, trugen wir die erste Ladung Material zum Groompoint beim Vet Gate und dem Start/Ziel Bereich.

Danach putzten wir unsere Pferde und machten uns auf zum Veterinär. Dann mussten wir nur noch satteln, und es konnte losgehen: Als wir uns am Start melden, warten da keine anderen Pferd-und-Reiter-Paare, und wir können wenige Minuten später loslegen, auf altbekannter Strecke, meist entlang dem Ticino oder auch teilweise der Autobahn, mit wenigen kleinen Abstechern in Ortschaften, unten zwischen den beidseitig des Tales steil aufragenden Berghängen, mit schneebedeckten höheren Gipfeln am Horizont. In Kürze haben wir Nord-Bellinzona erreicht, wo es gilt, vom Uferweg aus die nicht ganz harmlosen Böschungs-Quader hinauf zu kraxeln. Dann geht es auf den wunderbar sandigen und gewundenen Wegen durch die Ufer-Auen dem Ticino entlang. Noch fehlt den Bäumen das Laub, aber die Knospen sind schon einiges weiter als bei uns im „Hohen Norden“, und dazwischen leuchten Forsythien in pächtigem Gelb.

Unsere Pferde traben und galoppieren fleissig und frisch. Und schon passieren wir nach zirka 50 Minuten bereits die 10-km Marke. Es geht nicht lange, bis es richtig warm wird, und Mitte Morgen ist bereits T-Shirt Wetter. Ich beschliesse, mich nach der ersten Runde meiner dünnen Jacke zu entledigen! Ich bin auch froh, dass ich Johnny am Vortag noch die Vorhand und den Bauch geschoren habe, denn da war noch viel dickes Winterfell!

So aber kommt er nicht unnötig ins Schwitzen, und wir kommen flott voran. Der Bergrücken, der in der Gabelung zwischen den beiden Tälern bei Biasca aufragt, kommt immer näher, und dann reiten wir über die Brücke ans Ostufer des Flusses zurück. Beim Groompoint 3 gleich dahinter treffen wir auf einen unglaublich hilfsbreiten und freundlichen, wenn uns auch völlig unbekannten Tessiner Groom, der unseren Pferden und uns Wasser anbietet, sowie Karotten- und Apfelschnitzchen für die Pferde. Das Wasser wird verschmäht (von uns nicht), aber die Rübchen und Äpfelchen werden weggeputzt.

Dann reiten wir weiter, und nach ein wenig mehr als 3 Stunden sind wir wieder zurück: Vet Check und erste Pause. Johnny’s Puls ist schon beim Zieleinritt unter 60, und wir verlieren hier kaum Zeit. Während der Pause kühlen wir fleissig, verpflegen uns selber, während die Pferde, vor allem Johnny, gierig nach Gras suchen. Er bekommt auch noch mehr Äpfel und Karotten, denn trinken will er leider noch nicht.

Sue hat in der Zwischenzeit beschlossen, dass sie hier aufgibt und ihr Pferd zurückzieht, da sie müde ist und ihr der Hintern wehtut … na ja. Schade, denn Lynn wäre noch mehr als fit für die letzten 15 km.

So ziehen Johnny und ich halt alleine weiter, und er wiehert die nächsten paar Kilometer nach seiner plötzlich verschwundenen Gefährtin. Er ist fit und wir reiten stetig voran. Wenn wir in flottem Galopp auf dem angenehmen Sandweg zwischen den Bäumen durchgaloppieren, mit Blick auf grandiose Landschaft unter stahlblauem Himmel, könnte ich singen vor Freude. Johnny läuft voller Elan, schlängelt sich elegant um alle Windungen des Weges, Ohren gespitzt.

Leute, die nichts mit dem Ritt zu haben haben, treffen wir nicht allzu viele auf der Strecke. Da stehen Fischer am Ufer oder im Wasser, wir kreuzen einzelne Spaziergänger mit Hunden, bei den Ortschaften trifft man ein paar Einheimische. Was man leider viel sieht, ist Abfall im Wald; da liegt eine alte Matraze, die letzten Oktober schon dort war, leere Flaschen, dort ein paar Autofelgen, Papierfetzen … Dann unter der niedrigen Brücke gut ducken, den Helm fast an der Betondecke – und dann sind wir fast schon einmal rundum auf der 15-km Schlaufe. Noch eine letzte Runde, wir reiten jetzt langsamer, wir haben Zeit. Plötzlich donnern uns voll Rohr drei Motocross-Biker knatternd und dröhnend entgegen – gut, dass Johnny verkehrssicher ist!

Lonestar Johnny Skywalker nach etwas mehr als 53 km

So, jetzt ein letztes Mal über die Brücke hoch über der Autobahn und dem Ticino, ein Blick nach unten ist fast schwindelerregend, dann noch 2 km bis ins Ziel: nach nicht ganz 5 Stunden und 20 Minuten reiten wir über die Ziellinie – geschafft: 70 km, also unsere dritte Quali! Johnny ist jetzt schon ein bisschen müde, aber er trinkt jetzt, und frisst genussvoll Gras, Karotten und Äpfel. Trocken ist er auch schon wieder, denn seit anfangs Nachmittag weht eine kräftige Brise.
Somit findet unser erster Endurance Ritt ein Ende. Wunderschön war es – und die Organisatoren mit ihren vielen Helfer haben es mit einem reibungslosen Ablauf zu einem unvergesslichen Tag zu machen. Die Helfer haben auch bewiesen, dass sie mitdenken und flexibel sind: Sue und ich hatten es geschafft, aus Versehen unsere Startnummern vertauscht zu tragen (schon echt dämlich, ich weiss!).
im Ziel und die Schlusskontrolle

Wir sind Fans dieses Ritt – wir wollen im Oktober wiederkommen, nach Claro!

Bericht: Esty H. Saenger

Er ist 19 Jahre alt und immer noch dabei: Oussoulane!