Distanzreiter Nordwest

Rittbericht: Fehraltorf

Wenn ein Traum in Erfüllung geht – (m)ein Fribi für alle Fälle

Um 4.45 Uhr klingelte der Wecker. Schnell war ich auf und angezogen und unterwegs in den Stall. Die Stallbesitzer
hatten den Pferden bereits Heu gegeben, somit hatte Natan schon was im Magen, als ich ihn aus der Box holte. Er trank
sogar noch an der Tränke, was er sonst eher selten macht. Kurz nach 5.30 Uhr fuhren Sibylle und ich mit Natan nach
Fehraltorf. Früh an unserem Ziel angekommen liess Sibylle Natan noch etwas fressen, während ich die Infowand studierte
und meine Startnummer und die Checkkarte abholte. Meine Nervosität hatte ihren Höhepunkt erreicht, als ich kurz
vor 8 Uhr aufsass und Natan im Schritt warm ritt. Würden wir es schaffen, die 81 Kilometer?

Um 8.15 Uhr starteten wir zu sechst auf die ersten 30 Kilometer. Vier Reiter setzten sich gleich ab, ich hielt Natan
jedoch zurück. Glücklicherweise ritt Tanja B. mit ihrem Hengst Faraon ein ähnliches Tempo und somit bewältigten wir die
erste Schlaufe zusammen. Nach 2 Stunden 2 Minuten und 24 Sekunden (das sind fast 15 km/h!) ritten Natan und ich,
eine Nasenlänge vor Tanja, über die Linie. Nun hiess es schnell kühlen und ab ins Vet-Gate. Natan’s Vet-In Zeit war super
und so konnten wir nach wenigen Minuten bereits los. Da es vom Groomarea zum Vet-In noch einen Umweg um das
ganze Hallenareal gab, war unsere Vet-In Zeit gerade mal etwas mehr als sechs Minuten. Wir kamen als vierte ins
Vet-Gate. Natan hatte zugleich einen Puls von 54 und die Gänge waren super. Juhee, es geht weiter! Da die Reitzeit
erst bei Ankunft im Vet-Gate gestoppt wird, hatten wir für die erste Schlaufe ein Tempo von 13.99 km/h.

Nach 40 Minuten Pause ritten wir wieder zum Start. Dort wartete bereits Daniela mit Nelson (EVG2, 51km). Wir
hatten abgemacht, die 51 Kilometer gemeinsam zu reiten. Daniela startete um 11:03 Uhr und ich 40 Sekunden später.
Wir holten die beiden schnell auf und dann ging es im flotten Trab weiter. Es wurde langsam Mittagszeit und die
Temperaturen stiegen gegen 27 Grad. Es war einfach erdrückend. Natan hatte bis jetzt an jedem einzelnen Groompoint grosszügig getrunken. Etwas, was er in seiner ganzen Distanzpferdkarriere noch nie gemacht hatte!
Rund vier Kilometer vor dem Ziel hatten wir regen Gegenverkehr. Als ich für ein entgegenkommendes Reiterpaar
platz machen wollte, streifte ich mit meinen Knien einen Brennnesselstrauch, was durch die dünnen Reithosen sehr
gut zu spüren war…

Nach 2 Stunden 17 Minuten und 8 Sekunden waren wir wieder im Ziel. Dieses Mal brauchten wir etwas länger um die
Pulse der beiden Pferde runter zu bringen. Dennoch waren wir bereits nach 7 Minuten und 42 Sekunden wieder beim
Vet. Im Vergleich zu den anderen Prüfungen waren dies sehr schnelle Vet-In Zeiten. Natan hatte einen Puls von 59
und die Gänge waren weiterhin ohne Befund. Während der Pause schmierte ich die brennenden Stellen an meinen
Beinen mit Salbe ein und ruhte im Schatten mit viel Wasser. Diese Schlaufe hatte mir sehr zugesetzt. Diese Schlaufe
hatten wir in einem Tempo von 12.43 km/h gemeistert.

Da das Wetter sehr anstrengend war, hatten die Tierärzte für den EVG4 und den CEN* einen Re-Check nach
60 Kilometer angeordnet. Sprich, kurz vor dem Start auf die letzte Schlaufe musste man das Pferd nochmals kurz
beim Tierarzt vorzeigen.

Sibylle zeigte Natan beim Re-Check vor. Der Puls war bei 48 und die Gänge waren wie gewohnt auch zu
diesem Zeitpunkt ohne Befund.

Daniela und ich starteten also auf die letzten 21 Kilometer. Damit Daniela nicht aus dem EVG2 disqualifiziert
wurde, mussten wir um 16 Uhr zurück sein. Die letzte Ankunftszeit für den EVG4 war um 16.20 Uhr angesetzt. Wir ritten
die letzte Schlaufe gemütlich, damit unsere Pferde die Kräfte noch etwas sparen konnten. Natan mochte nicht
mehr so schnell laufen und vielfach fiel er etwas zurück und liess sich von Nelson ziehen. Rund einen Kilometer vor
dem Ziel wurde mir klar, dass ich beim Beginn unserer Distanzkarriere nie im Leben daran gedacht hätte, dass Natan
und ich jemals so weit kommen würden. Die ersten Tränen der Freude kullerten an mir herunter. Aber es galt
noch die Schlusskontrolle zu überstehen. Den Zieleinlauf auf der Wiese nahmen wir genau so gemütlich wie der
Rest der letzten Schlaufe. Im Schritt und Hand in Hand ritten wir um 15.55 Uhr strahlend über die Ziellinie. Diese
Schlaufe hatten wir mit 11.80 km/h geritten.

Nach 14 Minuten entschieden wir uns, die Pferde den Veterinären zu zeigen. Natan’s Puls war 51, die Gänge
waren einwandfrei und dann pulste der Tierarzt erneut um den Recovery-Index herauszufinden. Der Puls war
dann 50. Natan war also ohne Zweifel fit. Neben an hörte ich Daniela aufjuchzen, sie waren also durch gekommen.
„Unser“ Tierarzt nahm sich viel Zeit, Natan zu untersuchen. Meine Nervosität war genau so hoch, wie vor dem Start.
Endlich, drehte er sich zu mir um und sagte, dass alles gut sei. Dann kam ein Freudeschrei von mir und ich fiel Sibylle
um den Hals. Mir liefen die Freudentränen hinunter, als ich meine Arme um Natan’s Hals schwang und ihm lautstark
sagte, dass er einfach der Beste sei. Draussen gab es noch weitere Knuddelein von Groom Claudia und
natürlich von Daniela. Dank ihr und Nelson war Natan dazu motiviert noch eine dritte Schlaufe zu laufen!

Das Durchschnittstempo auf 81 Kilometer war 12.78 km/h.

Später an diesem Tag fand dann auch noch die Rangverkündigung statt. Ich wusste, dass eine Reiterin
zurückgezogen und eine weitere Reiterin nach mir ins Ziel gekommen war. Wie es den anderen ergangen war,
wusste ich zu dem Zeitpunkt nicht. Mir war eigentlich egal, was es für einen Rang geben würde, aber dennoch
dachte ich dann an den „undankbaren“ vierten Rang. Gewonnen hatte Tanja mit Faraon. Zweite wurde eine der
Reiterinnen, die sich gleich zu beginn abgesetzt hatten. Als dann der dritte Rang aufgerufen wurde, konnte ich
meinen Ohren nicht trauen. Sie hatten tatsächlich meinen Namen aufgerufen? Mit dem grössten Lächeln holte
ich unsere Plakette ab und war überglücklich.

Mein Fribi trägt mich über 81 Kilometer, zur Lizenz und dann gleich noch aufs Podest.

Natan, du bisch eifach dä Bescht!!

Natürlich auch ein herzliches Dankeschön an meine Grooms Sibylle (Mami) und Claudia, sowie Daniela und Nelson
und ihrem Groom Rahel! Und natürlich auch an Alex, die mir mit ihrem Fribi Asterix gezeigt hat, dass man so vieles
erreichen kann, wenn man daran glaubt. Nicht zu vergessen, ein grosses Merci an unseren Hufschmied sowie
an die Stallbesitzer, welche Natan und mir einfach einen super Stall bieten.

Bericht: Jenny Commons