Distanzreiter Nordwest

Rittbericht: Blitzingen

Nach der erfolgreichen Premiere letzten Herbst fand auch dieses Jahr wieder ein Distanzritt im Wallis statt. Charles Previdoli und seine Crew organisierten den Ritt wieder vom Sportplatz in der Biegung der Rhone gleich unterhalb des Dorfes Blitzingen aus.

Wenn auch die Freilaufboxe, die ich letztes Jahr von Charles Previdoli in seinem Stall in Brig für Johnny gemietet hatte, wahrlich königlich gewesen war, so hatte ich dieses Jahr doch keine Lust, mehrmals zwischen Brig und Blitzingen hin und her zu kurven. Daher hatte ich Charles Previdoli’s Chalet gleich oberhalb des Start/Zielgeländes für uns gemietet, und eine Ecke seiner Koppelanlage daneben für Johnny. Eigentlich wollte ich ja an diesem Ritt Lynn reiten, aber da Sue Lynn’s Pass nicht finden konnte, kam nun eben doch Johnny mit:

Es verspricht, ein wunderschönes Wochenende mit Prachtswetter zu werden, und die Fahrt nach Blitzingen verläuft auch glatt. Die Organisatoren sind bereits voll im Einsatz mit Einräumen. Wir haben auch bald unseren Groomplatz eingerichtet (mal provisorisch) und unsere eigenen Sachen im Chalet verstaut. Den Corral für Johnny haben wir schnell gebaut, können wir doch eine Ecke des Holzzaunes der Weideanlage verwenden. Johnny schliesst durch den Holzzaun bereits Freundschaft mit einem kleinen Pony in der Previdoli Herde.

Ich reite Johnny eine halbe Stunde, damit er sich die Beine etwas vertreten kann nach dem Transport. Nun haben wir etwas Zeit bis zur Eingangsprüfung, die sich etwas verzögert, da die Check-Karten nicht angekommen sind. Eine Blanko-Karte muss kopiert und die Daten der CEN Reiter eingetragen werden. In der Zwischenzeit sitzen wir gemütlich vor dem Chalet und beobachten das Geschehen im Base Camp unter uns. Plötzlich sehe ich Bewegung aus dem linken Augenwinkel – die Previdoli Herde ist plötzlich in Aufregung geraten und ein Grauer spielt sich auf im betörendsten Show-Trab. Wow, denk ich, da haben sie aber ein Superpferd! Den Bruchteil einer Sekunde später merke ich, was ich da wirklich sehe – ungläubiger Schock: es ist Johnny! Ich kann ihn wieder einfangen, bevor etwas passiert. Augenzeugen berichten, er sei aus dem Stand über den 1.3 Meter hohen Holzzaun gesprungen – ohne ihn zu berühren. Ich hör jetzt immer wieder, ich solle mit Johnny doch an Springkonkurrenzen teilnehmen …

Am Samstagmorgen um 7 Uhr 30 geht es dann los für die acht Reiter im CEN** über 90 km. Wir werden drei Mal die 30-km Schlaufe reiten. Der Weg ist dieselbe wie letztes Jahr, im Tal weitgehend der Rhone/Rotte entlang, die hier auch Rottenweg heisst. Es ist noch angenehm frisch am Morgen, und wir kommen gut voran. Johnny hat fast zu viel Vorwärtsdrang, und ich muss ständig bremsen. Auf dem Hinweg ist es auf den diversen Campingplätzen und in den kleinen Dörfern noch ganz still und ruhig, und es regt sich kaum eine Seele. Auf dem Rückweg kreuzen wir dann bereits auch unsere EVG Reiter. Fünf Reiter sind auf dem EVG 2 (40 km, 10-15 km/h) unterwegs, und deren 12 im EVG 1 (30 km, 8-13 km/h), dazu kommen noch vier DRF Reiter. Die Hälfte davon reitet 20, die anderen beiden je 60 km.

Als wir ins Base Camp zurückkommen, hat sich dieses erheblich belebt. Wir präsentieren fünfeinhalb Minuten später mit Puls 48, und 40 Minuten später sind wir wieder unterwegs. Ich trage auf dieser Runde Handschuhe, da ich an beiden Ringfingern Blasen habe von Johnny’s Gezerre. Es ist bereits viel wärmer geworden, und die Sonne klettert über die Bergkette und beleuchtet die Laubbäume in den bunten Indian Summer Farben; der Himmel ist strahlend blau; am Horizont schroffe Granitgipfel.

Auf der zweiten Hälfte dieser Schlaufe wird Johnny langsam normaler, und gegen Ende muss ich die Handschuhe wieder ausziehen, es wird zu warm. Diesmal warten wir grad gute 4 Minuten, und präsentieren mit Puls 50, alles andere normal. Auch in dieser Pause frisst Johnny wieder fleissig, vor allem Früchte und Gras interessieren ihn, und etwas Mash. Er hat schon einen ganzen Bund Bananen verschlungen, und die meisten Birnen sind auch schon weg. Mal sehen, ob uns nicht ein Früchtehändler sponsern möchte …

Die dritte Runde kann ich endlich so richtig geniessen; Johnny kämpft und zieht nicht mehr, sondern läuft in seinem gewohnten ruhigen und regelmässigen Trot. Am nächsten Ritt bekommt er sein Snaffle Bit verpasst statt der gebisslosen Zäumung! Als Christine und ich uns der Wendeschlaufe nähern, kommen uns die Spitzenreiter des CEN entgegen. Wir bleiben bei unserem langsameren Tempo, wir wollen beide schlicht diese Prüfung mit fitten Pferden beeenden. So sind Christine und ich den auch die letzten Reiter des Tages, die das Ziel ereichen, und wir werden 5. (Johnny und ich) und sechste (Christine und Itir de Lux).

Die Preisverteilung folgt pünktlich wie angekündigt um 17 Uhr. Was ich leicht seltsam finde, ist der Umstand, dass ein Pferd, welches kurz darauf wegen schwerem Typing Up behandelt werden muss, und zwar die ganze Nacht, kurz vorher noch als „fit to continue“ angesehen worden ist, denn es ist klassiert.

Stefan Waldisberg hat diese Prüfung wie schon letztes Jahr mit seiner Karima al Mandara gewonnen (14.56 km/h). Die Sieger im EVG 1 und 2 sind Alexandra Summermatter mit Lidole du Pewon, bez. Michela Martig und Shannon. Die jeweils ersten drei jeder Prüfung dürfen wieder grosszügige Lebensmittelkörbe mit lokalen Spezialitäten entgegen nehmen.

Wir bleiben noch eine Nacht – das ist angenehmer für Johnny, und auch für uns, und das Chalet ist so gemütlich. Johnny’s Corral hat zudem in der Zwischenzeit einen Viehhüter am Draht, und der Holzzaun ist mit Plastikpfosten und Band zirka 60 Zentimeter erhöht … Johnny bleibt jedenfalls nun drin.

Wir hoffen, dass dieser Ritt nächstes Jahr wieder stattfindet, und wir die Gastfreundschaft und grenzenlose Hilfsbereitschaft und Freundlichkeit der Familie Previdoli geniessen dürfen.

Bericht: Esty H. Saenger